Skandal mit Ansage?

Florentina Holzingers Musiktheater „Sancta“

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Ein Kruzifix als Lustobjekt, ein nackter Frauenkörper als Kirchenglocken-Klöppel, Nonnen in Rollschuhen, ein Gottesdienst als Happening. Viel nackte Haut ist in dieser feministischen Messe zu sehen, die gleichzeitig eine Tour de Force durch die musikalischen Welten von Bach, Rachmaninow, Rock, Noise und durch zeitgenössische Kompositionen, etwa von Johanna Doderer ist.

"Sancta" Wiener Festwochen
ORF

Mit ihren radikalen Performances und explosiven Aufführungen sorgt Florentina Holzinger in der Theaterwelt für Aufsehen und Anerkennung. Mit ihrer ersten Musiktheater-Kreation hat die Hardcore-Berserkerin wieder mächtig zugeschlagen. „Sancta“ basiert auf Paul Hindemiths Einakter und erzählt die Geschichte einer Nonne, die brutale Bestrafung für ihre sexuelle Selbstbestimmung erfährt. Schon Hindemiths Uraufführung geriet 1922 zum Skandal - und auch jetzt scheinen die Chancen dafür ganz gut zu stehen. Es geht um Ekstase und Askese in Holzingers Gratwanderung zwischen Hochkultur und Trash, zwischen Archetypus und Klischee.

"Sancta" Wiener Festwochen
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Hindemiths Einakter verwandelt sie sukzessive in einen Beelzebub-Horror, sie beschwört eine wegen ihrer unkeuschen Lüste eingemauerte Nonne und lässt die nackte Susanna zwecks Heilands-Vergewaltigung aufs Kreuz steigen. Bilder und Erzählungen der katholischen Kirche, von der Beichte bis zur Himmelfahrt werden zitiert, geschändet, der Lust der Darstellerinnen unterworfen. Was in der katholischen Welt wie im Pop in Symbolen gebändigt ist, bricht hier in fleischlicher Drastik aus.

Florentina Holzinger
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Holzinger schreibt eine Gegen-Schöpfungsgeschichte. Holzingers Thema ist der Mensch, der sich befreit. Laut und exzessiv, lustig und erlösend will Florentina Holzinger mit ihrer Version von „Sancta“ die religiösen Konventionen herausfordern, und gleichzeitig den Versuch starten sie zu erneuern. Ihr spannendes Experiment, in dem sie gemeinsam mit einem Ensemble aus Opersängerinnen, Sexarbeterinnen und Body- Modification-Artists die Zurichtung weiblicher Identität und Körper in religiösen Systemen und Riten untersucht wurde in Schwerin uraufgeführt und gastiert jetzt bei den Wiener Festwochen.

Wie die Produktion angekommen ist, analysiert Martin Traxl nach der Premiere in einem Schaltgespräch mit Clarissa Stadler.

TV-Beitrag: Susanna Schwarzer

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