Israels Eiserne Lady

Helen Mirren als Golda Meir 

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Sie ist eine Mimen-Kampfnatur, wurde als „Queen“ mit dem Oscar prämiert, brillierte in Sasha Gervasis Drama „Hitchcock“ als Ehefrau des Regiestars und an ihrer Rolle als Ex-Agentin in der dezidierten Actionkomödie „R. E. D.“ hatte sie jede Menge Spaß. Dame Helen Mirren hat immer schon gewagte Rollen geliebt. In ihrem neuen Film begibt sich die heute 78-jährige Britin auf eine Höllenfahrt in den Polit-Abgrund.

Helen Mirren in "Golda"
Aidem Media Ltd./Sean Gleeson

In Guy Nattivs Film „Golda“ spielt sie die legendäre Ministerpräsidentin Israels, Golda Meir.  Sie war eine Zionistin aus Überzeugung und hatte in Israel den Spitznamen „Eiserne Frau“, zeigte Härte gegenüber den arabischen Nachbarn und war Israels erste und bisher einzige Ministerpräsidentin. „Wir haben es getan…Wir haben die jüdische nationale Heimstätte wiedererrichtet. Jetzt waren wir eine Nation wie andere auch, für das erste Mal seit zwanzig Jahrhunderten die Herren unseres Schicksals.“ Mit diesen Worten erinnerte sich Golda Meir an den 14. Mai 1948, als sie die israelische Unabhängigkeitserklärung mitunterzeichnet hatte. Der Tag, der die Geburt Israels markiert.

14. Mai 1948, Golda Meir
APA/AFP/FILES GPO

Für David Ben Gurion war sie schon damals „der einzige wirkliche Mann“ in seinem Kabinett. Trotz der ihr nachgesagten Unbeugsamkeit zerbrach die 1898 in Kiew als Golda Mabowitsch geborene Politikerin am Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973, der für Israel beinahe katastrophal endete. Mit ihrer Familie wanderte sie zunächst in die USA aus, schloss sich dort der sozialistisch-zionistischen Bewegung an. Im Alter von 23 Jahren übersiedelte die willensstarke Frau in das damalige britische Völkerbundmandat Palästina und ging Ende der 1940er Jahre in die Politik.

Golda Meir
APA/AFP

Als Golda Meir 1969 die Regierung übernahm, befand sich ihre Heimat noch auf der Welle des nationalen Selbstbewusstseins, hatte Israel doch im Sechstagekrieg 1967 das Westjordanland, Ostjerusalem, die syrischen Golan-Höhen und die ägyptische Halbinsel Sinai erobert. Viele Israelis hielten ihre Armee für unbesiegbar. Die Regierungschefin zeigte sich unerbittlich, was Friedenslösungen betraf, ihre Ansichten über den israelisch-arabischen Konflikt galten als vereinfachend und rigide. Palästinenser entrüsten sich heute noch über die Worte Meirs, die einmal sagte, ein palästinensisches Volk gebe es gar nicht. Andererseits hielt Meir Geheimkontakte zu Arabern, wie dem ersten jordanischen König Abdullah.

Golda Meir 1973
APA/AFP

Ihre politische Karriere scheiterte jedoch am Jom-Kippur-Krieg: Am 6. Oktober 1973 griffen Ägypten und Syrien ein vollständig unvorbereitetes Israel am Tag des jüdischen Versöhnungsfestes an. Israels politische und militärische Führung hatte zuvor eindeutige Warnungen des Geheimdienstes vor einem drohenden Angriff in den Wind geschlagen, weil sie einen Krieg zu diesem Zeitpunkt für absolut unwahrscheinlich hielt. Nach schweren Verlusten konnte die israelische Armee die angreifenden Heere zurückdrängen, nach knapp drei Wochen waren die Kämpfe beendet. Der Krieg löste jedoch in Israel ein politisches Erdbeben aus. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung setzte Meir eine Untersuchungskommission ein. Nach Veröffentlichung der Schlussfolgerungen trat sie zurück, obwohl der Bericht die politische Führung nicht eindeutig verantwortlich machte.

Filmstill "Golda"
Aidem Media Ltd./Sean Gleeson

Der israelische Regisseur Guy Nattiv liefert mit „Golda“ kein Biopic, sondern ein Kammerspiel über genau jenes dunkle Kapitel des Jom-Kippur Kriegs, der 1973 das jüdische Volk kalt erwischte. In seinem Film geht es um die Frau, die sich in einer brandgefährlichen Situation in einer Männergesellschaft behaupten muss. Dass sich die Nachbarstaaten Syrien und Ägypten genau jenen Tag, den höchsten jüdischen Feiertag für ihre Invasion ausgesucht hatten, ohne dass Israels Geheimdienst und Militär etwas ahnten, ist der Stoff, den „Golda" zum Psycho-Thriller hochkocht. Nattiv, der mit dem Autor Nicholas Martin das Drehbuch verfasste verteidigt Meir, sieht er doch die Verantwortung bei Verteidigungsminister Mosche Dayan, der sich noch auf den Lorbeeren des Sechstagekriegs ausruhte, und bei Mossad-Chef Zvi Zamir, der es versäumt habe, Ägypten auszuhorchen. Ein brisantes Thema, sehen doch Historiker wie Polit-Kommentatoren Parallelen zum aktuellen Gaza-Krieg, der durch den Terror-Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 ausgelöst wurde.

Live zu Gast bei Peter Schneeberger im Studio ist der Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici.   

TV-Beitrag: Tiziana Aricò

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