Meister der Masken

Die grotesken Bilderwelten des James Ensor

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Das Scheinheilige, Hässliche, Bösartige und Hintertriebene wollte er demaskieren, der Gesellschaft des Fin de Siècle einen Spiegel vorhalten. Ähnlich wie sein niederländischer Kollege Vincent van Gogh war der Belgier James Ensor, dessen Bilder im ausgehenden 19. Jahrhundert aus dem Rahmen der etablierten Salonmalerei fielen, ein Außenseiter, unverstanden und isoliert.

James Ensor Fotografie
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Doch er schaffte mit seinen makabren Bildwelten den Aufstieg ins Establishment, wurde von König Albert I zum Baron geadelt, von prominenten Künstlern, Literaten oder Wissenschaftlern wie etwa Emil Nolde, Stefan Zweig oder Albert Einstein hofiert. Wer war also dieser Mann, der am Ende seines Lebens im Jahr 1949 sogar ein Staatbegräbnis bekam? 1860 wird James Sidney Edouard Ensor in Ostende, einem bis zum Ausbruch des 2. Weltkriegs mondänen Küstenseebad als Sohn eines Briten und einer Belgierin geboren.

Kuriositätengeschäft der Eltern von James Ensor in Ostende
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Seine Eltern führen dort einen Souvenirladen, verkaufen Muscheln, Chinoiserien, Brüsseler Spitzen, ausgestopfte, seltene Fische, Katzen, Papageien oder Affen oder Karnevals-Masken. Kuriositäten, die eine visuelle Fundgrube für den Buben sind und seine Fantasie beflügeln. Als der junge James als Vierzehnjähriger einen Malkurs belegt, ahnt noch niemand etwas von seinem großen Talent. Gefördert wird jenes an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Brüssel. Hier wird der Grundstein für eine beeindruckende Karriere gelegt, die fast 70 Jahre dauern wird und rund 850 Bilder hervorbringen sollte.

Werk von James Ensor
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Die Masken in seinen magischen Bildern wurden zu seinem Markenzeichen. Dabei machte der Künstler Zeit seines Lebens auch vor dem eigenen Gesicht nicht Halt, verzerrte sein Antlitz in zahllosen Selbstporträts zum Totenschädel und sparte nicht an Witz und Ironie: Ensor als Skelett in seinem Atelier, die Pinselspitze auf sich selbst, nicht auf die Leinwand gerichtet;

Werk von James Ensor
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Ensor als Nachfolger von Rubens, trägt er doch dessen üppig geschmückten Hut; Ensor als saurer Hering, über den sich gierig zwei Totenköpfe hermachen, Ensor als Schmerzensmann, als Jesus Christus, unverstanden von den Menschen, vor allem den Kritikern, aber sich der Größe seiner Kunst bewusst. Der Maler stellt sich dabei in eine kunsthistorische Tradition, die von anderen Meistern der Groteske wie Goya oder Bosch inspiriert ist.

Werk von James Ensor
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Auch harte, fast karikaturenhafte Kritik an Autoritäten wie der Monarchie und japanische Einflüsse finden sich in seinem Werk wieder. Stilistisch lässt sich James Ensor kaum einordnen, changiert er doch in seinen Werken gekonnt zwischen Expressionismus, Surrealismus und Symbolismus. Von seinem kurzen Aufenthalt in Brüssel abgesehen, hat James Ensor sein ganzes Leben in Ostende verbracht, er liebte diesen mystischen Ort mit seinem magischen Licht. Und Ostende liebt seinen Ensor. Kein Wunder also, dass das Seebad das Epizentrum während der ersten Monate des Jubiläumsjahres bildet, bevor dann Antwerpen übernimmt.

TV-Beitrag: Nicola Eller

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