Persona Non Grata
Ihre Enthüllungen haben im österreichischen Skizirkus hohe Wellen geschlagen und die „MeToo“ Welle hierzulande losgetreten. Als 2017 in den USA die Bewegung bereits in vollem Gange war, tauchten in Österreich erste Berichte aus der Sportwelt auf. Die ehemalige Abfahrtsmeisterin Nicola Werdenigg berichtete damals in der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“ von strukturellem Machtmissbrauch und sexueller Gewalt im alpinen Skisport.
Auslöser dafür war ein Artikel über einen übergriffigen Volleyballtrainer, der die EX-Skirennläuferin dazu bewog, ihre eigenen Erfahrungen aus den 1970er Jahren öffentlich zu machen. Darin schildert die heute 65-jährige Innsbruckerin vom Aufwachsen in einer ehrgeizigen Skidynastie, von ihrer Zeit im Skiinternat, der dortigen sexualisierten Atmosphäre, die durch einen pädokriminellen Heimleiter angeheizt wurde.
Und sie spart auch ihre eigene Vergewaltigung kurz nach einem Weltcuprennen nicht aus. Der Österreichische Skiverband drohte ihr mit Klagen, von unterschiedlichen Seiten wurde sie der Lüge bezichtigt. Später wurden ihre Aussagen über die vorhandene sexuelle Gewalt, vor allem beim Skinachwuchs, durch eine Tiroler Expertenkommission bestätigt. Es meldeten sich weitere Betroffene, mehrere Missbrauchsfälle wurden bekannt. Es gab Konsequenzen, Entlassungen im Skiverband und rechtskräftige Verurteilungen. Auch heute engagiert sich die Tirolerin weiter für diese Themen.
Nicola Werdeniggs Geschichte bringt der österreichische Regisseur Antonin Svoboda unter dem Titel „Persona Non Grata“ mit Gerti Drassl in der Hauptrolle jetzt ins Kino. Auch wenn das Kapitel noch lange nicht geschlossen ist, hat sich seither doch einiges geändert: Die vormals unantastbare, spezifisch österreichische Skirennlaufkultur wurde kritisch beleuchtet, es gab interne Umstrukturierungen im ÖSV, und seit 2021 existiert mit Vera* eine Vertrauensstelle, die Übergriffe in Sport und Kultur dokumentiert.
Nicola Werdenigg und Gerti Drassl sind live zu Gast im Studio.
TV-Beitrag: Sandra Krieger