Ein Sonderling der Romantik
Er war ein sonderbarer Kauz und genialer Künstler. Er war ein Melancholiker und der Inbegriff der deutschen Romantik. Caspar David Friedrich, der in seinen Bildern eine gültige Synthese aus Himmel, Meer und Land geschaffen hat. Geschätzt wurden seine Werke etwa von dem schwermütigen Dichter Heinrich von Kleist oder Friedrich Wilhelm von Preußen, der in „Mönch am Meer“ seine eigene Trostlosigkeit nach dem Verlust seiner Mutter wiedererkannte.
Adolf Hitler glaubte darin die dunkle, urdeutsche Seele zu entdecken. Walt Disney ließ sich für seinen Film „Bambi“ von Friedrichs unendlichen Landschaften inspirieren ebenso wie Friedrich Wilhelm Murnau für seinen Film „Nosferatu“. Friedrichs Zeitgenosse, der alte Herr Geheimrat Goethe allerdings konnte nichts mit ihm anfangen, zu düster, zu depressiv, zu religiös-patriotisch waren ihm diese Bilder und er war erstaunlicherweise damit nicht allein. Schon gegen Ende seines Lebens war Caspar David Friedrich so gut wie vergessen, seine Gemälde verschwanden in den Depots der Museen, in Rumpelkammern, Privatwohnungen oder Schlössern. Zu Lebzeiten musste er jeden Kreuzer umdrehen. Sogar von einem Selbstmordversuch in jungen Jahren ist die Rede.
In einer aufgeklärten Zeit, die von der Französischen Revolution und Napoleons Feldzügen geprägt ist, wird Caspar David Friedrich 1774 als sechstes von zehn Kindern in Greifswald als Sohn eines Seifensieders geboren. Er gilt als verschroben und eigenartig. Kaum verwunderlich, weiß man doch um den frühen Tod der Mutter und dreier Geschwister. Bruder Christoffer ertrinkt, als er Caspar aus dem Eis retten will. Ein traumatisches Ereignis, das sich vielleicht in dem Bild „Eismeer“ widerspiegelt? Hätten ihm seine Brüder in Greifswald nicht regelmäßig Fässer voll eingelegter Heringe nach Dresden geschickt, der Maler wäre wohl vor die Hunde gegangen und dass, obwohl er 60 Jahre lang ohne Unterlass an seinen Bildern voll magischer Schönheit gearbeitet hat.
„Man sagt, ich könne durchaus nichts anderes malen als Mondschein, Abendroth, Morgenroth, Meer und Meeresstrand, Schneelandschaften, Kirchhöfe, wüste Haiden, Waldströme, Klippenthäler und Ähnliches", klagte Caspar David Friedrich 1822 einem befreundeten Dichter. Von den „Kreidefelsen auf Rügen“ bis zum „Watzmann“ bei Berchtesgaden hat der stille Mann aus Vorpommern ganz verschiedene Winkel Deutschlands in Szene gesetzt. Er studierte in Kopenhagen an der Kunstakademie, deren Ruf seinerzeit weit über die Grenzen Dänemarks hinausstrahlte, hatte allerdings mit dem Figurativen immer seine Schwierigkeiten.
Um sein Unvermögen zu kaschieren, stellte er den Menschen, immer nur mit dem Rücken zum Betrachter dar. Friedrich liebte das geheimnisvolle Zwielicht, malte immer wieder Wolken, Nacht oder Dämmerung, begeisterte sich für das Naturschauspiel seiner Heimat. Er komponierte Bilder, wie man sie nie zuvor gesehen hatte - mit mystischen Naturdarstellungen, die zu Ikonen einer ganzen Epoche wurden. Eines seiner berühmtesten Werke in „Der Wanderer über dem Nebelmeer“ gilt für die Deutschen als ihre „Mona Lisa“.
Schon jetzt geht der große Rummel um Caspar David Friedrich los, wird der Sehnsuchtsmaler doch zu seinem 250. Geburtstag 2024 in ganz Deutschland gefeiert. Den Start macht die Hamburger Kunsthalle mit der Ausstellung „Kunst für eine neue Zeit“.
TV-Beitrag: Stefanie Simpkins