Ein Mann mit Ecken & Kanten

Im Gespräch mit dem NJK-Dirigenten Christian Thielemann

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Er gilt als strenger Handwerker und minutiös arbeitender Spezialist für das große Repertoire. Er ist ein Präzisionsfanatiker und ein Schwergewicht in der Klassikbranche, das sich nicht so einfach von der leichten Muse küssen lässt. Er ist der einzige lebende Dirigent, der alle im Kanon von Bayreuth aufgeführten Werke Richard Wagners dirigiert hat und wird nach längerer Pause 2025 auch wieder mit „Lohengrin“ auf den Grünen Hügel zurückkehren.

Christian Thielemann
ORF

Unbestritten sind die herausragenden Qualitäten des Christian Thielemann. Und doch ist der heute 64-jährige Berliner Dirigent nicht unbedingt ein Meister der Harmonie, verkrachte sich der damalige Musikdirektor etwa mit Festspiel-Intendantin Katharina Wagner über die Frage, ob in den heiligen Hallen, in dem einst Adolf Hitler ein und aus ging das Wort „Führer“ in „Lohengrin“ erklingen darf. Immer wieder werden Vorwürfe laut, Thielemann habe eine antisemitische Haltung. Zuletzt als er als Nachfolger von Daniel Barenboim als Musikdirektor der Staatsoper Unter den Linden berufen wurde. Denn die „New York Times“ hatte den alten Skandal ausgegraben, als Thielemann Ende der 1980er Jahre Werke des nationalsozialistischen Komponisten Hans Pfitzner aufgeführt hatte. Das Etikett „deutschtümelnd“ will sich der konservative Künstler dennoch nicht anheften lassen. Ein Dirigent mit starkem Ego und eigenem Kopf. Die Salzburger Osterfestspiele zogen einen Schlussstrich unter die Zusammenarbeit mit ihm und der Dresdner Staatskapelle, die Berliner Philharmoniker entschieden sich gegen Thielemann und für Kirill Petrenko als neuen Chef, auch sein Engagement bei den Münchner Philharmonikern endete abrupt. Seiner alten Liebe zu den Wiener Philharmonikern bleibt er allerdings treu.

Christian Thielemann
ORF/Roman Zach-Kiesling

Christian Thielemann wird 2024 zum zweiten Mal das renommierte Neujahrskonzert leiten. Über Lampenfieber vor einem Millionen-Publikum, über die Walzerglückseligkeit von Johann Strauß in Zeiten von Krieg und Krisen, über die Sorge vor Klimaklebern beim Neujahrskonzert, über die Zukunft der Klassikmusikindustrie und seine ganz persönliche neue Harmonie spricht Peter Schneeberger mit Christian Thielemann.  

TV-Beitrag: Peter Schneeberger & Barbara Pichler-Hausegger

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