100 Jahre Neue Galerie

Eine Hommage an Otto Kallir

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Hätte es ihn nicht gegeben - die Geschichte des österreichischen Expressionismus wäre wohl anders verlaufen. Retten, was und auch wer zu retten war - das war Otto Kallirs Anspruch, seine unumgängliche Prämisse.  

Foto von Otto Kallir vor alter Aufnahme Stephansdom
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Der Kunsthändler, Galerist und Verleger hatte mit Egon Schiele, Gustav Klimt, Alfred Kubin oder Oskar Kokoschka das „Who is Who“ in seinem Portefeuille. Allesamt Künstler, die von den Nazis verachtet und als Schöpfer der sogenannte „Entartete Kunst“ verboten waren. Vor genau 100 Jahren gründete Otto Kallir, der Sohn einer gutbürgerlichen, jüdischen Juristenfamilie die legendäre Neue Galerie in der Wiener Grünangergasse, heute die Galerie Nächst St. Stephan.

Ausstellungsansicht "100 Jahre Neue Galerie"
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Sein Studium an der technischen Universität gab der 1894 in Wien als Otto Nirenstein geborene 1920 wegen des damals schon herrschenden Antisemitismus auf und verfolgte zielstrebig eine Karriere als Verleger und Galerist. Nirenstein gab seinen Namen, der in der Habsburgermonarchie jüdischen Familien zwangsweise zugeteilt wurde auf und eröffnete als Otto Kallir mit Egon Schiele 1923 seine allererste Ausstellung.

Egon Schiele Bild
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Kallir erkannte Schieles außergewöhnliches Talent. Auch fünf Jahre nach seinem Tod war der Künstler nach wie vor umstritten. Viele Kritiker verteufelten sein Werk als pornografisch. Nicht für Otto Kallir – für ihn war Schieles Kunst revolutionär, ihm galt seine große Leidenschaft. Kallir erstellte den ersten kompletten Catalogue raisonné und erwarb schon 1921 sein erstes Gemälde, das „Porträt eines alten Mannes“. Dass Otto Kallir einen Kennerblick hatte, zeigte sich auch, als ihm die Erben von Richard Gerstl dessen Werk angeboten hatten.

Selbstbildnis Richard Gerstl
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Gerstl, Expressionist der ersten Stunde hatte zeit seines kurzen Lebens kein einziges Bild ausgestellt, seine Bilder vergammelten ungeachtet in einem Speditionslager. Ob mit Ausstellungen von Gerstl, Klimt, Kokoschka oder Kubin – Kallir hatte auch international Erfolg. Durch den sogenannten Anschluss Österreichs an Nazideutschland, der drohenden Gefahr der Inhaftierung wegen seiner offenen Unterstützung der Regierung Schuschnigg und aus rassischen Gründen war Otto Kallir 1939 zur Emigration gezwungen. 

Foto Otto Kallir vor Skyline Manhatten
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Mit Zwischenstation in Paris flüchtete er gemeinsam mit seiner Familie nach New York, mit im Gepäck Klimt, Kokoschka, Schiele & Co. Die Ausfuhr war möglich, weil sie in Nazi-Deutschland als „entartet“ und somit als wertlos galten. Schon zwei Jahre später veranstaltete Kallir in seiner neu gegründeten Galerie „St. Etienne“ in den USA die erste große Schiele Personale. Sukzessive gelang es ihm das amerikanische Publikum mit Österreichs Meisterwerken vertraut zu machen und hatte Erfolg. Seinen ersten Schiele verkaufte Otto Kallir stattdessen bereits im Jahr 1920 um 200 Dollar, für deren Bezahlung der Käufer um Raten ansuchte. Der junge österreichische Sammler Rudolf Leopold entdeckte 1950 erst durch Otto Kallirs Schiele Katalog seine Leidenschaft für den Maler. Der Rest ist Geschichte.

Jane Kallir
APA/Herbert Pfarrhofer

Otto Kallirs Erbe trägt Enkelin Jane Kallir weiter, die heute als die führende Schiele Expertin gilt. Sie führte gemeinsam mit ihrem Großvater die Galerie St. Etienne in New York weiter und richtet ihrem Großvater zu Ehren zum 100-Jahr Jubiläum der Neuen Galerie jetzt in Wien in der Galerie Wienerroither & Kohlbacher eine Werkschau, der von ihm besonders geschätzten Künstler aus und sie präsentiert in der Galerie Nächst St. Stephan anhand von zeithistorischen Dokumenten die Geschichte der Neuen Galerie entlang politischer und kunsthistorischer Zäsuren.

TV-Beitrag: Stefanie Simpkins

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