Sind Worte Sieger?

Friedenspreisträger Salman Rushdie im Gespräch

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In Zeiten von Krieg und Krisen kam die internationale Literaturbranche zum 75-Jahr Jubiläum der Frankfurter Buchmesse zusammen.

Plakat Frankfurter Buchmesse
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Dass die geopolitischen Zeichen auf Sturm stehen, war schon beim Auftakt der weltgrößten Bücherschau zu spüren. Das alles beherrschende Thema des Kriegs im Nahen Osten löste bei der Eröffnungsfeier Tumulte aus. Der slowenische Philosoph Slavoj Zizek verurteilte in seiner Rede die terroristischen Angriffe der Hamas auf die israelische Bevölkerung. Er betonte aber, man müsse auch den Palästinensern zuhören, um die Konflikte zu verstehen. Der hessische Antisemitismusbeauftragte samt mehrerer Festgäste verließen den Saal, warfen sie Zizek doch vor, die Verbrechen der Hamas zu relativieren. Wie wichtig es sei, einander zu zuhören, unterstrich die Kulturministerin Claudia Roth in ihrer Rede, sei doch die Frankfurter Buchmesse seit 75 Jahren ein Marktplatz der Worte, der Schriften und der Lesarten zum demokratischen Austausch und des wechselseitigen Verständnisses. Seit jeher steht sie für die Freiheit des Geistes und für Orientierung in Zeiten des Aufruhrs.

Salman Rushdie
APA/AFP/Kirill Kudryavtsev

Höchste Sicherheitsstufe herrschte in Frankfurt als der britisch-indische Schriftsteller Salman Rushdie am Sonntag mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Paulskirche ausgezeichnet wurde. Der 76-jährige Superstar der Literatur, der vor einem Jahr bei einem Attentat schwer verletzt worden ist, erhalte die Auszeichnung „für seine Unbeugsamkeit, seine Lebensbejahung und zuallererst dafür, dass er mit seiner Erzählfreude die Welt verbessert“, so die Jury.

Salman Rushdie
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„Es sind die Bücher, die wichtig sind, nicht die Messer…“, sagt der Autor, der seit dem Angriff auf einem Auge blind ist. Wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed in Rushdies Buch „Die Satanischen Verse“ hatte 1989 Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Khomeini in einer Fatwa zur Tötung des Schriftstellers aufgerufen. Unbeugsam zeigte sich Rushdie dennoch in mehr als 30 Jahren, obwohl der iranische Revolutionsführer ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hat - und auf alle, die ihm halfen sein angeblich blasphemisches Werk zu veröffentlichen. Der japanische Übersetzer der „satanischen Verse“ wurde umgebracht, der norwegische überlebte ein Attentat.

Salman Rushdie
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Rushdie selbst lebte zehn Jahre lang unter Personenschutz, bis er 1998 freiwillig darauf verzichtete. Die Erfahrungen der Fatwa hat er in einem autobiographischen Buch festgehalten. Rushdie wolle, dass die Menschen seine Bücher interessant finden und nicht sein Leben, doch das habe der amerikanische Islamist beinahe zunichtegemacht. Schriftsteller hätten eben keine Panzer und Armeen, aber Geschichten, und die bleiben. Weltliteratur hat er geschaffen und Weltliteratur präsentierte er auch in diesem Jahr auf der Frankfurter Buchmesse.

Cover "Victory City"
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„Victory City“, so der Titel seines neuen Buches, der fast programmatisch anmutet, hat er kurz vor dem Attentat fertiggestellt. Ein Roman rund um eine Poetin und Prophetin, halb lustvolles Märchen, halb Rekonstruktion einer matriarchalen Gesellschaft, die es im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert in Südindien tatsächlich gab. „Worte sind die einzigen Sieger“ – so endet sein Text. 

Katja Gasser & Salman Rushdie
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Dem kulturMontag gibt der Dichter und Denker eines seiner raren Interviews.

TV-Beitrag: Katja Gasser & Alice Pfitzner

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