Ein Mitläufer wider Willen

Daniel Kehlmanns Roman über den Filmemacher G.W. Pabst

Werbung Werbung schließen

Er drehte mit Greta Garbo und Asta Nielsen, Lotte Lenya und Bernhard Wicki, mit Albin Skoda und Oskar Werner. Für den zweifachen Oscar-Preisträger Quentin Tarantino ist er gar sein deutscher Lieblingsregisseur: „G.W. Pabst, der Erfinder der Neuen Sachlichkeit im Film, dessen großartiges erzählerisches Werk nie vergessen werden darf.“

Georg Wilhelm Papst
ORF

Obwohl Tarantino den Österreicher Pabst in seinen Filmen „Pulp Fiction“ und „Inglourious Basterds“ mit Zitaten gleich doppelt verewigte, ist der 1885 im böhmischen Raudnitz Geborene heute nur noch Insidern bekannt. Dieses Blatt könnte sich nun wenden, denn der deutsch-österreichische Schriftsteller Daniel Kehlmann widmet sich in seinem neuen Roman „Lichtspiel“ dem Leben dieser historischen Figur.

Daniel Kehlmann
ORF

Nach Bestsellern über den Mathematiker Carl Friedrich Gauß und den Naturforscher Alexander von Humboldt hat der umtriebige Autor nun einen Filmemacher im Visier. In Fachkreisen gilt Georg Wilhelm Pabst als einer der größten deutschen Filmregisseure der Weimarer Republik, dessen Leben allerdings zurzeit der Nationalsozialisten aus den Fugen geraten war. Über das Theater und den europäischen Stummfilm der 1920er Jahre gelingt Pabst der Sprung bis in die amerikanische Traumfabrik, als er vor den Gräueln des neuen Deutschlands flieht.

Georg Wilhelm Papst
ORF

Auf den ersten Blick ein Leben wie ein klassischer Hollywoodplot, doch anders als seine Zeitgenossen Ernst Lubitsch oder Billy Wilder scheitert G.W. Pabst an dem starren System der amerikanischen Filmindustrie. „A Modern Hero“ sollte sein einziger US-Film bleiben. 1925 gelingt ihm der Durchbruch mit „Die freudlose Gasse“, wo er Asta Nielsen und Greta Garbo berühmt macht. In seiner Arbeit faszinieren ihn psychologische Aspekte und der Realismus.

Filmprojektor
ORF

Politisch ist er eindeutig links zu verorten, mit Käthe Kollwitz, Kurt Tucholsky und Heinrich Mann gründet er den Volksverband für Filmkunst. Als sein Ausflug nach Amerika misslingt, geht Pabst zurück in seine alte Heimat Österreich. 1929 macht er seine letzten Stummfilme in Deutschland: „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ mit Leni Riefenstahl und „Die Büchse der Pandora“ mit dem damaligen Superstar Louise Brooks. Mit seinen ersten Tonfilmen sorgt er für Ärger. Der Antikriegsfilm „Westfront 1918“ aus dem Jahr 1930 ist den aufstrebenden Nazis ebenso ein Dorn im Auge wie „Die Dreigroschenoper“ mit Lotte Lenya.

Cover "Lichtspiel"
ORF

Trotzdem wird Pabst mit seinen weiteren Filmen einer der wichtigsten Spielleiter der Weimarer Republik. Während 1933 die Nazis die Macht übernehmen, ist er gerade in Frankreich - und bleibt dort. Doch das Schicksal hat für ihn andere Pläne. Als fünf Jahre später Hitlers Schergen umjubelt in Österreich einmarschieren, ist Pabst gerade zu Besuch in Wien. Für ihn gibt es kein Zurück mehr. Die barbarische Natur des Regimes spürt er in aller Deutlichkeit, denn Propagandaminister Goebbels will das Filmgenie für seine Zwecke verwerten. Während Pabst noch glaubt, den Nazis widerstehen zu können und sich keiner Diktatur als der Kunst fügen will, ist er schon rettungslos verstrickt.

Der kulturMontag stellt Daniel Kehlmanns mit Spannung erwarteten Roman „Lichtspiel“ vor.

TV-Beitrag: Sandra Krieger
Mitarbeit: Maresi Engelmayer

Links: