Der „Fat Boy“ der Kunst

Zum 70. Geburtstag von Erwin Wurm

Werbung Werbung schließen

Mitten in der idyllischen Landschaft des Weinviertels parkt ein überdimensionales „Fat Car“ auf der Wiese, ein kopfloser Kapuzenmann taucht plötzlich neben einem Teich auf und neben einem mittelalterlichen Schloss reiht sich ein merkwürdig zusammengequetschtes, schmales Häuschen ein – willkommen in der schrägen Wunderwelt des Erwin Wurm.

Schloss Limberg
ORF

Schloss Limberg in der niederösterreichischen Gemeinde Maissau ist nicht nur der Lebensmittelpunkt des Kunststars, sondern auch Arbeits-, Produktions- und Lagerstätte.

Kunstwerk von Erwin Wurm
ORF

Auf dem fünf Hektar großen Anwesen findet der gebürtige Steirer reichlich Platz für seine oft riesenhaften Werke. Surreal muten seine sich küssenden Knack-Würsterln oder Wärmeflaschen auf zwei Beinen an, humorig seine Gurkerln im XXL-Format, skurril seine monströs aufgeblasenen Menschen. Das Heitere, Nonchalante zeichnet seine Skulpturen aus.

Hand von Erwin Wurm mit Pinsel
ORF

Der Kunst eine gewisse Leichtigkeit zu geben ist Erwin Wurm gelungen und dennoch hat sie ob ihrer Konsumkritik einen ernsten Kern. Eine abgehobene Kunst, die schwer mit Pathos behaftet ist, sei nicht seine. Längst sind seine Objekte zur künstlerischen Marke avanciert, längst tanzt Erwin Wurm gekonnt auf dem Kunstparkett rund um den Globus. Allein in diesem Jahr stellt der Wahlniederösterreicher zwischen London und Shanghai, zwischen Berlin und Venedig aus, bevor er hierzulande anlässlich seines 70ers in der Albertina Modern mit einer umfassenden Retrospektive gewürdigt wird.

Kunstwerke von Erwin Wurm
ORF

Seinen Durchbruch schaffte er Ende der 1990er Jahre mit seinen „One Minutes Sculpures“, in denen Menschen mit Alltagsgegenständen selbst zum Kunstobjekt mutieren. Entstanden ist diese Idee aus einer Lebenskrise heraus, als sich seine erste Frau scheiden ließ und seine Eltern kurz nacheinander verstarben. Aus Frust und Schmerz hat er verrückte Dinge entwickelt, die bestens in das heutige Insta- und TikTok-Zeitalter passen. Diese Kurzperformances inspirierte sogar die US-amerikanische Rockband Red Hot Chili Peppers zum Video für ihren Song „Can't Stop“.

Erwin Wurm malend
ORF

Seine ersten künstlerischen Gehversuche unternahm der Sohn eines Polizisten in Graz im Umfeld des kunstaffinen Literaten Werner Schwab, er zog weiter ans Salzburger Mozarteum, um Kunst- und Werkerziehung zu studieren, später auf die Hochschulen für die Angewandte und die Bildende Kunst in Wien, um seinen Kunstbegriff zu erweitern und seinen Weg zum Künstler zu ebenen. Mittlerweile ist Erwin Wurm mit dem großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet worden, hat sein Land auf der renommierten Biennale von Venedig gemeinsam mit Brigitte Kowanz vertreten und eine kürzlich erschienene Biografie von Rainer Metzger würdigt seinen Aufstieg im weltweiten Kunstbetrieb.

Erwin Wurm
ORF

Bevor Erwin Wurm auf der griechischen Insel Hydra, einem Hotspot im Kunst-Jetset seinen 70. Geburtstag feiert, gewährt er dem kulturMontag Einblicke in sein Kunstuniversum auf Schloss Limberg. Der größte Luxus bedeute für ihn, von seiner Kunst leben zu können und das sichtlich gut.

TV-Beitrag: Markus Greussing

Links: