Das Schicksal ist ein mieser Verräter

„Madame Butterfly“ & „Sibirien“ bei den Bregenzer Festspielen

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Bei diesem Stoff bleibt kein Auge trocken. Giacomo Puccinis weltbekannte Tragödie rund um die verlassene Samurai-Tochter Cio-Cio-San war bei der Uraufführung im Jahr 1904 an der Mailänder Scala ein Debakel. Doch selbst der Misserfolg konnte den italienischen Komponisten nicht von seiner Überzeugung abbringen, mit der „Butterfly“ seine „am tiefsten empfundene und stimmungsvollste Oper“ geschrieben zu haben.

"Madame Butterfly"
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Puccini arbeitete die Kompositionen kurzerhand um und konnte damit wenige Monate später in Brescia seinen Siegeszug um die ganze Welt antreten. Den tragischen Stoff samt exotischem Flair packte er in raffinierte Harmonien, die er mit japanischen Klängen versetzte. Keine der Heroinen aus dem Puccini Kosmos kann mit Butterfly mithalten, sind sich Musikkritiker aus aller Welt einig. Kein Wunder gehört „Madama Butterfly“ doch zu den begehrtesten Rollen der Soprane der gesamten Opernliteratur. Heute ist die Oper ein internationaler Publikumsmagnet, die heuer erstmals auch die Seebühne der Bregenzer Festspiele erobert.

Madame Butterly
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Hier ist in diesem Jahr Trittfestigkeit gefragt, denn Regisseur Andreas Homoki und sein Bühnenbildner Michael Levine haben sich für eine gewellte japanische Zeichnung als zentrales Podium entschieden. Die 1340 Quadratmeter große Zeichnung erscheint wie ans Ufer gespült und verändert sich mittels Projektionen im Laufe der Handlung. „East meets West“ - ein Aufeinanderprallen der Kulturen will Homoki erzählen. Bekanntlich verliebt sich die noch jugendliche Geisha Cio-Cio-San in den US-amerikanischen Leutnant Pinkerton. „Kein Spektakel, sondern große Emotionen werden heuer auf der Seebühne gezeigt“, freut sich „Noch Intendantin“ Elisabeth Sobotka.

"Sibirien"
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Neben dem populären Spiel auf dem See widmen sich die Bregenzer Festspiele seit langem der Raritätenpflege. Diesmal ist es „Sibirien“ von Puccinis Zeitgenossen Umberto Giordano. Die Kombination der beiden Stücke liegt auf der Hand, sind „Butterfly“ und „Sibirien“ fast gleichzeitig entstanden. Mehr noch: Giordanos Oper wurde 1903 an der Mailänder Scala anstelle von „Butterfly“ uraufgeführt, war doch Puccini mit der Komposition nicht rechtzeitig fertig geworden. Beide Komponisten ließen sich vom damals modischen Exotismus inspirieren.

"Sibirien"
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Giordanos Protagonistin ist eine im Luxus lebende Kurtisane in St. Petersburg, die ihrem Geliebten nach Sibirien in ein Straflager folgt. Eine klassische Dreiecks-Konstellation, die der russische Regisseur Vasily Barkhatov mit der Einführung einer neuen Figur ins Heute transferieren will. Ein russisches Thema, ein russischer Regisseur und mit Valentin Uryupin auch ein russischer Dirigent - lässt sich das angesichts des Krieges gegen die Ukraine verantworten? Für Intendantin Elisabeth Sobotka kein Thema, sieht sie die aufkeimende „Russophobie“ doch deutlich differenzierter. Kriegstreibern oder Putin-Befürworter würde sie keine Plattform geben wollen und weiß um die Haltung ihres russischen Leading-Teams.

TV-Beitrag: Markus Greussing

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