Das Spiel mit dem Schock

Bad Boy Jordan Wolfson im Kunsthaus Bregenz

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Er gilt als der Lieblingsfeind der US-amerikanischen Kunstszene. „Er sei psycho, ein Monster.“, urteilen Kuratoren und stellen doch weltweit seine eigenwilligen Arbeiten aus.

Jordan Wolfson
ORF

Kein Wunder, provoziert und polarisiert doch Jordan Wolfson mit seiner Kunst. Der 42- jährige New Yorker wurde anfangs in die Generation der Post-Internet-Künstler eingeordnet, vielleicht weil er sein Material oft in digitalen Bilderwelten findet. Später kommen Archetypen aus dem popkulturellen Archiv Nordamerikas hinzu. In seiner Menagerie finden sich etwa Mark Twains rebellischer Huckleberry Finn, Mörderpuppe Chucky aus Tom Hollands Kult-Horrorfilm oder Alfred E. Neuman, der Inbegriff für Dummheit und Naivität aus dem Satiremagazin „Mad“. Sie alle überblendet er zu aufgedrehten Cartoon-Figuren, die zu Popmusik durch die Videos tanzen. Seine Trickster sind Meister der Verwandlung, und sie haben Lust auf Gewalt und Grenzüberschreitung.

Kunstwerk Jordan Wolfson
Markus Tretter (c) Jordan Wolfson/Kunsthaus Bregenz

Starke Emotionen will Wolfson mit seinen Werken auslösen, das Spiel mit Schock und Affekt begeistert nicht nur sein Publikum, sondern auch die angesagtesten Galeristen. So etwa hat ihn die mächtige Galerie David Zwirner unter Vertrag genommen und hat wohl auch ihre Probleme mit dieser medialen Reizfigur. 2011 kaperte er für sein Video „Animation, masks“ eine antisemitische Karikatur, die Wolfson auf dem von Rechtsradikalen Messageboard „4chan“ gefunden hatte, verlieh ihr seine Stimme und thematisierte damit Sex, Macht, Intimität. 2017 geriet er bei der Whitney Biennale mit einer Virtual-Reality-Arbeit mitten in die hitzige Debatte um Identitätspolitik und die Frage, wer berechtigt ist, wessen Leid darzustellen. Die hyperrealistische Computeranimation „Real Violence“ zeigt den Künstler, wie er mit einem Baseballschläger zu einem Chanukkagebet auf einen knienden Mann eindrischt. Sadistisch? Brutal? Gar antisemitisch? Es sei ein Wunder, schrieb der „New Yorker“, dass Jordan Wolfson in der Debatte um Identitätspolitik noch nicht „gecancelt“ worden sei.  

Ausstellungsansicht Jordan Wolfson
Markus Tretter (c) Jordan Wolfson/Kunsthaus Bregenz

Ein Zyniker durch und durch? „Nein", meint seine berühmte Tante Erica Jong, die mit ihren Romanen in den 1970ern selbst für Skandale gesorgt hat. Er sei wie ein kleiner Junge, der noch nicht wisse, was mal aus ihm wird. Kann sein, dass er es nie herausfindet. Mit seinen gruseligen, beunruhigenden Werken will er unbequeme Fragen stellen: Wie gehen wir mit Themen wie Sexismus, Rassismus und Homophobie um? Was machen unsere Ängste mit uns? Das Kunsthaus Bregenz widmet diesem Bad Boy der Kunst eine umfassende Ausstellung, die sicher für Diskussionsstoff sorgen wird.

TV-Beitrag: Markus Greussing

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