Eine Frage der Sprache

Der Bachmannpreis

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„Ein Fest der Literatur? Ein Wettbewerb mit zwei Preisen und einem Stipendium? Ein Dichtermarkt? Eine Art Börse? Oder gar eine literarische Modenschau?“, polemisierte Literaturpapst und Mitbegründer Marcel Reich-Ranitzky 1977 gewohnt pointiert anlässlich der allerersten Ausgabe des Ingeborg Bachmannpreises. „Es war, glaube ich, alles auf einmal – und das ist gut so“, meinte der Literaturkritiker damals.

Lesung im Garten
ORF/Johannes Puch

Heute, 45 Jahre später scheint sich seine Behauptung zu bewahrheiten. Nach zweijähriger Pandemie fand der renommierte Wettbewerb wieder live in Klagenfurt statt. Die "Tage der deutschsprachigen Literatur“ haben sich für ihr Comeback „in echt“ auch Neuerungen einfallen lassen. Denn so gedrängt wie vor Corona ist man im ORF-Theater nicht mehr gesessen.

Jury
APA/Gerd Eggenberger

Die Jury, unter dem Vorsitz der deutschen Germanistin Insa Wilke bezog zwar ihren angestammten Platz, gelesen wurde aber erstmals im Garten davor. Und der Wetterfrosch hat es gut gemeint. Mit einem Punktesystem von eins bis neun ermittelt die Jury diesmal gleich nach den Lesungen und den Diskussionen ihre Champions, wie auch den „lucky Loser“.

Anna Baar
ORF/Johannes Puch

Den Auftakt machte am Mittwochabend die traditionelle Klagenfurter Rede zur Literatur, die heuer von der Autorin Anna Baar gehalten wurde, die vor sieben Jahren selbst an dem Wettlesen teilgenommen hat. Titel ihrer Rede „Die Wahrheit ist eine Zumutung“ ist eine Anspielung auf ein Zitat von Ingeborg Bachmann

Die Autor*innen
APA/Gerd Eggenberger

Neun Autoren und fünf Autorinnen trugen von Donnerstag bis Samstag ihre noch unveröffentlichten Texte vor. Aus Österreich an Bord waren die Burgenländerin Barbara Zeman und der Wiener Elias Hirschl. Wahl-Wiener sind zudem der gebürtige Düsseldorfer Clemens Bruno Gatzmaga und der aus Bayern stammende Leon Engler. In Niederösterreich lebt die Slowenin Ana Marwan. Auch sonst war das Teilnehmerfeld divers wie selten zuvor: Der 1971 in Bagdad geborene Usama Al Shahmani musste 2002 wegen eines Theaterstücks in die Schweiz fliehen. Migrationshintergrund hat auch Behzad Karim-Khani. Er wurde 1977 in Teheran geboren, seine Familie ging 1986 nach Deutschland. Er studierte Medienwissenschaften und lebt heute in Berlin-Kreuzberg, wo er schreibt und eine Bar betreibt. Der rumänische Lyriker Alexandru Bulucz emigrierte mit seiner Familie 2000 nach Deutschland. Deutsch-Amerikaner ist hingegen der 57-jährige Hannes Stein, der in Salzburg aufwuchs und 2013 in seinem Debütroman „Der Komet“ Thronfolger Franz Ferdinand dem Attentat in Sarajevo entkommen ließ. Teilweise in Rom lebt Eva Sichelschmidt, die 1970 geborene Autorin machte zuerst eine Ausbildung zur Damenschneiderin und betreibt ein Geschäft namens „Whisky & Cigars“. Allerdings nicht die Herkunft, sondern allein die literarische Qualität sollte entscheiden.

Ana Marwan
ORF/Johannes Puch

Die slowenische Autorin Ana Marwan hat den heurigen Ingeborg Bachmann-Preis gewonnen. „Wechselkröte“ heißt der Text, mit dem sie die strenge Jury überzeugt hat. Erzählt wird die Geschichte einer Frau, die sich das Leben ihres ungeborenen Kindes ausmalt in Zeiten der Klimaerwärmung und des Kapitalismus. Die Entscheidung steht auch exemplarisch für die Internationalität der heurigen Teilnehmer. Es sind viele Autorinnen und Autoren eingeladen gewesen, die nicht mit Deutsch als Muttersprache aufgewachsen sind: Der Deutschlandfunk-Preis zum Beispiel geht an den gebürtigen Rumänen Alexandru Bulucz, der aktuell in Berlin lebt.

Die Gewinnerin des mit 25 000 € dotierten Hauptpreises Ana Marwan ist live zu Gast im Studio.

TV-Beitrag: Imogena Doderer & Alice Pfitzner

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