Das Ende des Individualismus?

Die Gemeinschaftsgeister ruangrupa & ihre documenta

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Corona, Krieg und Klimawandel – das sind nur einige der großen Probleme einer globalen Gesellschaft. Lässt sich nur in der Gemeinschaft den Herausforderungen unserer Zeit etwas entgegensetzen, müssen wir unser „Ich-Denken“ in ein „Wir“ verwandeln, um die Risiken zu bewältigen?

documenta 15
APA/AFP/Ina Fassbender

Für das indonesische Kollektiv ruangrupa, das in diesem Jahr die renommierte documenta in Kassel künstlerisch verantwortet steht das außer Zweifel. Alle fünf Jahre verwandelt die Weltkunstschau für 100 Tage die beschauliche Stadt in eine Kunstmetropole. Heuer ist die Spannung besonders groß, hat sich ruangrupa doch vorgenommen, keine konventionelle Kunstschau zu machen. 

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APA/AFP/Ina Fassbender

In ihrem Konzept propagiert ruangrupa kollektives Arbeiten, Solidarität, Teilhabe und Gemeinwohlorientierung anstelle von Individualismus, Profitgier und Machtstreben. Als Symbol für den kollektiven und gesellschaftlichen Ansatz dient eine Reisscheune, ein sogenannter lumbung, in dem in Indonesien ländliche Gemeinschaften ihre überschüssige Ernte lagern und zum Gemeinwohl nach gemeinsam definierten Kriterien verteilen. Ruangrupa, was so viel wie „Raum der Kunst“ oder „Raumform“ bedeutet wurde im Jahr 2000 in Jakarta gegründet und hat schon bei der letzten documenta vor fünf Jahren mit ihrem Internetradio erste Spuren in Kassel hinterlassen.

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APA/AFP/Ina Fassbender

Das Kollektiv, dessen Kerngruppe aus etwa zehn gleichberechtigten Künstlern besteht agiert im Selbstverständnis einer Non-Profit-Organisation. Ihre Ideen zu einer interdisziplinären, hierarchischen und gemeinschaftlichen Arbeitsweise hat die Truppe schon auf den Biennalen in Sao Paolo, im südkoreanischen Gwangju oder in Singapur gesät.  Auf der documenta setzen die Verantwortlichen daher weniger auf Stars der Branche, stehen sie dem westlichen Ideal des Künstlers als Genie, den Gesetzen des Kunstmarkts und Institutionen allgemein kritisch gegenüber.

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ORF

14 Kollektive, Organisationen und Institutionen sowie 54 Künstlerinnen und Künstler präsentieren ihre Werke an 32 Standorten, die zum Teil neu für die Schau entdeckt wurden. Es geht um Themen wie Postkolonialismus, Diktatur, Flucht und LGTBQ+ sowie um gesellschaftliche Ziele wie Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Gerechtigkeit. Unter den Teilnehmern ist etwa eine dänische Organisation, die Geflüchtete mit Rechtsberatung und Sprachkursen unterstützt, eine Gruppe aus Bangladesch, die sich um Müllvermeidung bemüht, sowie Bienenzüchter aus Kassel.

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Erste Kunstwerke im öffentlichen Raum vermitteln bereits eine Idee von dem, was die Besucher erwarten wird. So prägt etwa ein Werk des rumänischen Künstlers Dan Perjovschi die Innenstadt. Die Säulen des Haupteinganges des Museum Fridericianum hat er mit schwarzer Farbe bemalt und mit weißen Symbolen und Zeichen zu Themen wie Frieden, Solidarität oder Nachhaltigkeit beschriftet. Eine Reportage aus dem Mekka für Kunstfans.

TV-Beitrag: Tatjana Berlakovich & Ines Mitterer

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