Nackt im Netz
Ihre Frauen sind fröhliche Kannibalinnen, die mit ihren großen Zähnen vermutlich am liebsten paternalistische Männer fressen würden. Den Begriff „Starke Frauen“ findet sie schlicht „zum Kotzen“.

Sophia Süßmilch gleicht einer anarchischen Störung der patriarchalen Weltordnung, die mit ihrer subversiven Poesie und einer gewissen „Bad-Behaviour“-Derbheit den männerdominierten Kunstbetrieb gehörig aufmischt. Ihr Kunst-Kosmos, angesiedelt zwischen Malerei, Fotografie und Performance, ist ein knall-buntes Matriarchat, in dem ihr der eigene nackte Körper Material wie unerschöpfliche Lustquelle ist.

Die Betriebstemperatur ihrer Kunst liegt im roten Bereich, ihr permanenter Output muss raus, ob auf Instagram oder doch ganz klassisch in der Galerie oder im Museum. Die gebürtige Dachauerin, die in München, in Wien und zurzeit in Berlin lebt liebt das Plakative. Komplexe Psycholandschaften vereinfacht sie in ihren märchenhaften Malereien ohne Skrupel zu lauten Abenteuerspielplätzen.

Ihre gremlinartigen kleinen Menschenmonster sind Grenzgänger zwischen Gut und Böse. Durch die fröhlich-bunten Oberflächen hindurch strahlen jedoch die latent aggressiven und triebhaften Obsessionen der Erwachsenenwelt des Hier und Jetzt. Sie schafft ein abgedrehtes, ausgelassenes Matriarchat und eine dystopische Welt der männlichen Lächerlichkeit.

Die Auseinandersetzung mit weiblicher Sexualität und feministischen Diskursen ist auch in Süßmilchs Performances und Fotografien zentral. Oft ist es Süßmilchs eigene Biografie, aus der sie ihre Kunst schöpft. Eine Künstlerin voller Widersprüche, unberechenbar und überraschend, genderaffin und politisch unkorrekt, unideologisch und feministisch, geschmacklos und bezaubernd zugleich.

In dem neuen Buch „Das Paradies ist weiblich“ liefert die Künstlerin eine „Abrechnung mit der Matriarchin“. Eine neue Ausstellung in der Wiener Galerie Krobath zeigt unter dem Titel „Sophia Süßmilch und die Ausstellung des kleinen Mannes“ aktuelle Arbeiten. Die Künstlerin ist live zu Gast im Studio.
TV-Beitrag: Harald Wilde