Repressives Russland

Die bedrohte Pressefreiheit

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„In unseren Nachrichten gibt es kein Land, in unseren Nachrichten kommt Russland nicht vor. Eine freie Presse ist wichtig für jede Gesellschaft. Und wenn die Menschen sich selbst nicht mehr sehen in den Nachrichten, dann wissen sie nicht, an wen sie sich wenden können. Ihre Stimme wird nicht gehört. Das führt zu Selbstmord. Zu einem großen Selbstmord in den Ausmaßen des Landes.“ Es sind eindringliche Worte, die von der prominenten russischen Journalistin Schanna Agalakowa stammen.

Schanna Agalakowa
APA/AFP/Joel Saget

Sie hat nach mehr als 20 Jahren beim Staatsfernsehen die Kreml-Propaganda als lebensfern verurteilt. Im russischen Fernsehen werde nur noch die Geschichte von Präsident Wladimir Putin und Leuten aus seinem Umfeld erzählt, analysiert die langjährige Frankreich-Korrespondentin des russischen Ersten Kanals, die den Sender wegen Putins Krieg gegen die Ukraine verlassen hat. Schon vor dem Krieg in der Ukraine galt Russland nicht gerade als Paradies für die Pressefreiheit.

Pressefreiheit
APA/AFP/Dimitar Dilkoff

Zuletzt belegte das größte Land Europas laut dem Index der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ gerade einmal den 150. Rang von 180. Immerhin noch vor Staaten wie Belarus, China oder Nordkorea. Doch Präsident Wladimir Putin stellt kritische Medien nun endgültig ruhig. Ein neues Gesetz verbietet es, „Falschinformationen“ zu verbreiten, Worte wie Krieg oder Invasion zu verwenden. Viele Medienhäuser schließen, westliche Sender hatten zuletzt die Berichterstattung ausgesetzt. Die Behörden haben die Daumenschrauben deutlich angezogen, drohen doch bis zu 15 Jahre Freiheitsentzug für diejenigen, die angebliche „Desinformationen“ über Russlands Armee verbreiten, öffentlich gegen den Krieg protestieren und den Regierenden Propaganda vorwerfen.

Mann blickt auf Handy auf dem Roten Platz in Moskau
APA/AFP/Dimitar Dilkoff

Soziale Medien wie Facebook oder Twitter sind längst blockiert. Selbst die widerständigsten, unabhängigen Zeitungen wie „Nowaja Gaseta“, die 2021 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde haben aus Angst vor Repressalien die Arbeit eingestellt. Die Redakteure kennen die Gefahren. Allein sechs Journalist*innen der 1993 gegründeten Zeitung wurden in Ausübung ihrer Arbeit getötet.

Anna Politkowskaja
APA/dpa-Bildfunk

Die bekannteste unter ihnen: Anna Politkowskaja, die unerschrockene Chronistin auch russischer Verbrechen im von Präsident Putin so brutal geführten Zweiten Tschetschenienkrieg. Sie überlebte einen Giftanschlag, im Oktober 2006, dann wurde sie vor ihrem Wohnhaus in Moskau erschossen. Die Hintermänner und Auftraggeber ihrer Ermordung sind bis heute nicht bekannt. Ist in Russland die Wahrheit längst zum Feind geworden? Wie kann unabhängiger Journalismus in repressiven Regimen erhalten werden?

TV-Beitrag: Julia Fellerer, Barbara Pichler-Hausegger

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