Zwischen Wintersport und Menschenrechten
Verfolgt man die Olympischen Winterspiele in China, meint man einem perfekt funktionierenden Schweizer Uhrwerk zuzuschauen. Denn alles scheint auf Spur zu laufen, nichts die Pläne der Organisatoren durcheinanderzubringen. Chinas mächtiger Staatschef Xi Jinping will mit dem sportlichen Großereignis der Welt die großartigsten Spiele präsentieren. Dabei wird wohl kaum ein anderes Sportereignis aus der jüngeren Geschichte kontroverser debattiert als die Olympischen Spiele in Peking.
Während sie innerhalb der eigenen Landesgrenzen längst als endgültige Krönung einer aufstrebenden Weltmacht zelebriert werden, geht es im internationalen Diskurs vor allem um Chinas Menschenrechtsverletzungen und einen möglichen Boykott. Unter anderem haben die USA, Australien, Großbritannien und Kanada schon angekündigt, keine Politiker nach Peking zu entsenden, steht doch das Reich der Mitte seit Jahren wegen Menschenrechtsverletzungen im Umgang mit Uiguren und Tibetern, den Drohungen gegen Taiwan und wegen der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong heftig in der Kritik. Jetzt packt ein Insider aus.
Desmond Shum hat mit seinem Buch „Chinesisches Roulette“ einen New York Times Bestseller gelandet. Im Land des Lächelns scheint man darüber nicht gerade „amused“. Denn Shums Geschichte ist ein Thriller und ein politisches Lehrstück. Er zeichnet darin ein Sittengemälde der hedonistischen politischen Elite zu Beginn des Jahrtausends.
Es waren die Jahre des wilden Kasinokapitalismus in China. Gemeinsam mit seiner Frau hat er die Familie des damaligen Premierministers Wen Jiabao reich gemacht, das Ehepaar ist darüber selbst unvorstellbar reich geworden. Mittlerweile ist Shum in der Nähe von Oxford untergetaucht, seine Frau verschwand vor 4 Jahren spurlos. Jetzt entlarvt er in seinem Buch Chinas korruptes System, berichtet schonungslos von der Gier nach Geld, Sex und Macht und von einem Imperium, das zurückschlägt.
Während Desmond Shum Chinas Kaderkapitalismus offen legt, nimmt Radka Denemarkovà in ihrem Roman „Stunden aus Blei“ nicht nur die chinesische Diktatur unter die Lupe, sie zeigt auch, dass Kapitalismus und Totalitarismus einander nicht ausschließen. Die Prager Autorin hat jahrelang in China gelebt, ein Einreiseverbot wurde mittlerweile verhängt.
„Das Schlimmste vom Kapitalismus hat sich mit dem Schlimmsten vom Kommunismus verbunden", analysiert sie im Gespräch. Hinter dem beispiellosen Wirtschaftsboom und der permanenten digitalen Überwachung werden Menschenrechte und die Idee der Freiheit und Demokratie konsequent ausgeblendet.
TV-Beitrag: Imogena Doderer & Sophie Weilandt