Expeditionen

Die Anden (2/3): Im Hochland der Extreme

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Der Titicacasee ist nicht nur der bekannteste, sondern auch der größte Süßwassersee Südamerikas.

Er liegt zum Teil in Peru, zum Teil in Bolivien, im Hochland des sogenannten Altiplano. Der berühmte See hat aber einen weitgehend unbekannten Bewohner: den Titicaca-Riesenfrosch. Um trotz der dünnen Luft auf 3.800 Metern Höhe genug Sauerstoff zu bekommen, hat der Frosch seine Atmung „perfektioniert“: Er verbringt sein Leben im Wasser und atmet über eine mit vielen Falten stark vergrößerte Außenhaut. Der zweite Teil des „Universum“-Dreiteilers „Die Anden“ von Christian Baumeister (ORF-Bearbeitung: Jutta Karger) führt ins „Hochland der Extreme“, den – von Norden nach Süden gesehen – mittleren Teil der Anden. Teil drei – „Patagoniens wildes Rückgrat“ – folgt am 22. Februar.

 

ORF/Light and Shadow/Christian Baumeister

Die Hochebene des Altiplano liegt zwischen den Hochgebirgszügen der Ost- und der Westanden. Das Hochland ist flächenmäßig gut doppelt so groß wie Österreich und liegt durchschnittlich 3.600 Meter über dem Meeresspiegel. Um in dieser Höhe schnell laufen zu können, haben Vikunjas im Vergleich zu anderen, in tieferen Regionen lebenden Kamel-Verwandten extra große Herzen und Lungen. Vikunjas leben in Familienverbänden, ein Hengst und mehrere Stuten und Jungtiere. Während die Herde grast, bleibt der Hengst wachsam, um bei Gefahr rechtzeitig warnen zu können. Geschwindigkeit ist entscheidend – etwa ein Drittel aller Vikunja-Fohlen wird in den ersten sechs Lebensmonaten vom Puma gerissen. Vikunjas werden immer in den Morgenstunden geboren. So kann die Mutter das Fohlen trockenlecken, bevor die Sonne wieder am Horizont verschwindet und Frost einfällt. Später ist die Wärmedämmung des Fells so gut, dass Schnee auf dem Rücken eines Vikunjas sogar liegen bleibt, ohne zu schmelzen.

 

ORF/Light and Shadow/Christian Baumeister

Die „Laguna Colorada“ ist ein flacher See mit hohem Mineralstoffgehalt im Süden des Altiplano. Um sich vor der starken UV-Strahlung zu schützen, lagern die Algen im Wasser rote Farbpigmente ein. Damit haben sie dem See zu seiner exotischen roten Farbe – und zu seinem Namen – verholfen. Drei verschiedene Flamingo-Arten kommen hierher, um die roten Kleinstlebewesen aus dem Wasser zu seihen. Dabei gelangt die rote Farbe in den Stoffwechsel der Flamingos und färbt diese rosa. Auf über 4.000 Metern Seehöhe kommt es vor, dass die Laguna in den Morgenstunden mit einer dünnen Eisschicht überzogen ist. Es macht den Flamingos nichts aus, im Eiswasser zu waten, denn in ihren Beinen findet ein raffinierter Wärmeaustausch statt: Venen und Arterien verlaufen nebeneinander, Wand an Wand. So wird das Blut angewärmt, während es durch die langen Flamingo-Beine zum Herzen aufsteigt.

 

ORF/Light and Shadow/Christian Baumeister

Das Klima am Anden-Westrand ist wüstenähnlich. Nach dem Regen entfaltet sich eine vielfältige, aber kurzlebige Blütenpracht. Kakteen speichern Wasser, denn es kann Monate dauern, bis wieder ein Tropfen fällt. Aber auch Tiere sorgen für magere Zeiten vor. Beutelratten speichern ihren „Vorrat“ als Fettdepots im Schwanz. Wenn die Fettschwanz-Beutelratte versucht, einen Schwarzen Chileskorpion zu jagen, muss sie schnell und geschickt sein: Gezielt beißt sie ihm den Stachel ab – dann kann der Skorpion sie nur noch zwicken.

 

Im extremen Klima des Anden-Hochlandes gerieten auch die Dreharbeiten mitunter zur echten Herausforderung. Auf den Spuren der Flamingos mussten die Kameraleute – unauffällig im rosa Tarnanzug – auf 4.000 Metern Seehöhe kilometerweit durch knietiefen Schlamm und eiskaltes Wasser waten. Erstmals tauchten sie auch in die Tiefen des Titicacasees, um den bizarren Titicaca-Riesenfrosch mit der Kamera zu begleiten. Beim Filmen eines heftigen Gewitters auf der offenen Salzpfanne im Hochland war das Team ungeschützt den Mächten der Natur ausgeliefert.

 

ORF/Light and Shadow/Christian Baumeister

Für die Bilder, die in Christian Baumeisters Dokumentationsreihe zu sehen sind, haben sich die Strapazen aber gelohnt. Mehr als drei Jahre dauerte es bis zur Fertigstellung der Anden-Serie. Mehr als 30.000 Reisekilometer legte die Filmcrew allein im Geländewagen zurück, meist auf steilen Schotterwegen, fern jeder menschlichen Behausung. Wochenlange kräftezehrende Märsche durch sumpfiges Hochland in 5.000 Metern Höhe waren nötig, um auf den Spuren einer Brillenbärfamilie packende Szenen einzufangen. Das Resultat: ein Bilderbogen, der die vielfältige Landschaft der Anden in ihren faszinierendsten Facetten zeigt.

 

Der „Universum“-Dreiteiler entstand als Koproduktion von ORF, WDR, Smithsonian Networks, NDR, ARTE, SRF und SVT.

Gestaltung

Christian Baumeister