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Alkohol – Der globale Rausch

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Der Südtiroler Filmemacher Andreas Pichler geht in dieser Dok 1 den Trinkgewohnheiten der Österreicherinnen und Österreicher auf den Grund.

Warum trinken wir? Wer profitiert davon? Und welche Folgen hat der übermäßige Alkoholkonsum für jeden einzelnen, aber auch für die Gesellschaft? Diesen Fragen geht der preisgekrönte Südtiroler Filmemacher Andreas Pichler in seiner Dokumentation „Alkohol – Der globale Rausch“ nach.

Auf seiner Reise rund um den Globus spricht er mit Suchtexpertinnen, Alkoholproduzenten, Neurowissenschaftlern, Psychotherapeutinnen, Ärzten und ehemaligen Trinkern, wie dem österreichischen Journalisten und langjährigen ORF-Korrespondenten Lorenz Gallmetzer.

Der ehemalige ORF-Journalist und Autor Lorenz Gallmetzer in seiner Wohnung
Tiberius Film / EIKON Filmproduktion & Miramonte Film / rbb, 2020
Der ehemalige ORF-Journalist und Autor Lorenz Gallmetzer spricht über seinen Kampf gegen die Alkoholsucht.

Gallmetzer war, wie er selbst sagt, ein Spiegeltrinker, suchte nicht den Rausch, sondern das ständige leichte „Animiertsein“ durch Alkohol. Heute, nach einem stationären Aufenthalt in Europas größter Suchtklinik in Kalksburg, ist er trocken und spricht über seinen persönlichen Kampf gegen die Alkoholsucht.

Weltweit sind etwa 140 Mio. Menschen von Alkohol abhängig. Alkohol setzt Endorphine frei, wirkt mal aufputschend, mal beruhigend. „Es werden die Bereiche für Verantwortungsgefühl, Sorgen und Ängste ausgeschaltet, so entspannen wir, machen aber auch verrückte Sachen,“ sagt der Neuropsychopharmakologe David Nutt.

David Nutt, Neuropsychopharmakologe am Imperial College in London, beim Interview
Tiberius Film / EIKON Filmproduktion & Miramonte Film / rbb, 2020
Der Neuropsychopharmakologe David Nutt spricht vom Alkohol ganz selbstverständlich wie von einer Droge.

Drei Mio. Menschen sterben weltweit jedes Jahr an den Folgen der Sucht. Warum aber wehren wir uns so dagegen, Alkohol als Droge zu bezeichnen?

„Der Begriff Droge wird ausschließlich für illegale Rauschmittel angewendet und wird auch benutzt, um der Alkoholgesellschaft zu versichern, wir haben kein Drogenproblem, wir trinken nur Alkohol, das ist doch nur ein kulturell eingeführtes Genussmittel,“ sagt Raphael Gaßmann von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.

Menschen am Oktoberfest mit Bierkrügen in der Hand
Tiberius Film / EIKON Filmproduktion & Miramonte Film / rbb, 2020
Ausgelassene Stimmung am Oktoberfest in München

In Europa trinken wir seit drei Jahrzehnten zwar weniger. Weltweit nimmt der Alkoholkonsum aber zu. Jedes Jahr setzt der weltweite Alkoholmarkt 1,2 Billionen Euro um – Tendenz steigend. Alkoholkonzerne geben für Werbung und Marketing Milliarden aus.

„Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass britische Grundschulkinder eher in der Lage sind, Marken großer Alkoholkonzerne zu identifizieren als die Marken von Eis oder Schokoriegeln,“ sagt Katherine Severi vom „Institute of Alcohol Studies“ in London.

Katherine Severi vom Institute of Alcohol Studies in London im Interview
Tiberius Film / EIKON Filmproduktion & Miramonte Film / rbb, 2020
Laut Katherine Severi vom Institute of Alcohol Studies in London sind Kinder und Jugendliche dem Alkoholmarketing extrem ausgesetzt.

Die Schäden an der Gesellschaft sind enorm. Laut WHO kann Alkohol 200 Krankheiten auslösen, darunter Brust- oder Darmkrebs. Er belastet langfristig nicht nur die Gesundheitssysteme, sondern verursacht auch tödliche Verkehrsunfälle, führt zu häuslicher Gewalt und zu Kindesmissbrauch.

Vorzeigeland in Sachen Alkoholprävention ist Island. Islands Städte investieren bis zu zehn Prozent ihres Haushaltsbudgets in Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen, etwa in Sport-, Musik- oder Tanzkurse. Mit großem Erfolg: Der regelmäßige Alkoholkonsum bei den 15-Jährigen ist von 42 Prozent im Jahr 1998 auf heute nur noch 5 Prozent gesunken.

Ohne erhobenen Zeigefinger dokumentiert Andreas Pichler, warum wir der legalen Droge Alkohol verfallen sind und weshalb Industriekonzerne und Staaten gar nicht daran interessiert sind, am Status quo etwas zu ändern.