Seit 2008 ist die heimische Museumslandschaft um einen markanten Neuzugang reicher: Das Museum Liaunig in der Kärntner Gemeinde Neuhaus besticht durch ein kluges Baukonzept, das mit viel Glas, Stahl und Sichtbeton hypermodern daherkommt. Der „White Cube“, ein 13 Meter breiter und 160 Meter langer Baukörper, ragt recht spektakulär aus der Landschaf. Ein Großteil des Museums verbirgt sich allerdings unterirdisch. In der ORF-Reihe „Museum für zwei“ spaziert Tanja Raunig mit Peter Liaunig durch das weitläufige Areal.
Was hier zu sehen ist, hat einst begonnen mit der kunstbegeisterten Sammelleidenschaft des Industriellen Herbert W. Liaunig. Heute verfügt das von ihm gegründete Museum, das nur vier Jahre nach der Eröffnung bereits unter Denkmalschutz gestellt wurde, über eine umfangreiche Sammlung österreichischer Kunst ab 1945, ergänzt durch ein bisschen klassische Moderne und exemplarische Arbeiten internationaler Künstler – insgesamt rund 4500 Werke. Als Kontrapunkt zur zeitgenössischen Kunst kommen besondere Sammlungen wie die rund 300 Porträtminiaturen und afrikanische Goldobjekte hinzu.
Die Sammelwut des Herrn Liaunig
Österreichische Kunst steht im Fokus des Museums Liaunig in Kärnten. Schauspielerin Tanja Raunig flaniert mit Museumsleiter Peter Liaunig durch den eleganten Bau und lässt sich unter anderem die abenteuerliche Geschichte zweier Porträts erzählen.
Ablenkungsfreier Kunstgenuss
Der exklusive Museumsrundgang beginnt für Schauspielerin Tanja Raunig in der großen Ausstellungshalle. Im Museum Liaunig sollen die Kunstwerke ohne Ablenkung auf den Betrachter wirken. Deswegen sind die üblichen Kurzinformationen zu Künstler und Bild nicht etwa an der Wand angebracht, man muss schon auf den Boden schauen, um fündig zu werden. Die Besucher, so wünscht sich das Museumsleiter Peter Liaunig, sollen sich mit Freude auf das Bild einlassen. Künstler und Werktitel sind da erst einmal zweitrangig.
Klinkan-Wimmelbild mit blauem Wurm
Der Sohn des Gründers hat im Übrigen wohl die Leidenschaft für Kunst vom Vater geerbt. Gleich das erste Werk, das er mit Tanja Raunig betrachtet, hängt nämlich „normalerweise bei mir in Wien“, wie er bekennt. Das Bild „Wunderwelt: Doppelkopf und Wurm“ (1977/78) des steirischen Malers Alfred Klinkan wirkt mit seinen unzähligen Tiergestalten und Phantasiewesen wie ein absonderliches Wimmelbild. Und auch nach 20 Jahren entdeckt Peter Liaunig in dem Durcheinander immer noch neue Tiere.
Sein Alter Ego im Gemälde gibt er schließlich auch noch preis. „Jedes Familienmitglied durfte sich einen Charakter aussuchen“, erzählt er. „Ich war ursprünglich das große Rote, bin aber der blaue Wurm geworden.“ Tanja Raunig hätte lieber ein Erdmännchen, muss dann aber erst einmal einen Steirerhut suchen, den Alfred Klinkan ganz heimatverbunden im Bild versteckt hat. Den zu finden ist gar nicht so einfach, was Raunig einen launigen Kommentar zum Klinkan-Gemälde entlockt: „Es wird nicht langweilig im Wohnzimmer.“

Superstar Lassnig im Schaudepot
Weiter geht es in den „Geniestreich“ der Architekten, wie Peter Liaunig es formuliert: das Schaudepot des Museums. Hier lagern konservatorisch korrekt rund 1.500 Werke aus der Privatsammlung, die aktuell nicht ausgestellt sind. In anderen Museen sind die Depots selten zugänglich, hier jedoch ist die Schatzkammer verglast und lässt die Besucher zusätzliche Einblicke nehmen. Dank Exklusivführung darf die Schauspielerin sogar ins Innere des Schaudepots.
Das Bild, das in den Blick genommen wird, ist von der Malerin Maria Lassnig. In den Worten Peter Liaunigs ein Kärntner „Superstar“, der nirgends fehlen darf. Gemeinsam mit Tanja Raunig sinniert er vor Lassnigs Gemälde „Bedrohung der Frau“ (1962) und vermutet ein kopfüber gemaltes Doppelselbstporträt. Die Schauspielerin wiederum muss an „Me Too“ denken und an die sehr männlich geprägte Kunstgeschichte. Das, meint der Museumsleiter, „ändert sich ja Gott sei Dank“. Er selbst kenne bald mehr Künstlerinnen wie Künstler.
Porträtminiatur mit bewegter Geschichte
Den Abschluss der Museumstour macht ein kleines Bildnis mit bewegter Geschichte. Die Miniatur von Heinrich Friedrich Füger stellt einen gewissen Friedrich Karl Joseph Reichsfreiherrn von Erthal dar und wurde 1789 gemalt. Sie gehört zur umfangreichen Sammlung von Porträtminiaturen, die in einem eigenen Ausstellungsbereich zu sehen sind. Vor Erfindung der Fotografie dienten die kunstvollen Porträts im Kleinformat der Erinnerung an liebe Menschen. Man konnte sie dank ihrer geringen Größe unkompliziert bei sich tragen.
Der Reichsfreiherr ist im Übrigen gleich zwei Mal vertreten — der Miniatur wird das Porträt im Großformat vom gleichen Künstler gegenübergestellt. Warum aber gehört die Miniatur zu den erklärten Lieblingsexponaten von Peter Liaunig? Das will Tanja Raunig noch wissen. Der Museumsleiter verweist auf die kunstvolle Malerei. Und auf die spannende Historie der beiden Bildnisse. Bis 1938 gehörten sie zur berühmten Kunstsammlung der jüdischen Bankiersfamilie Rothschild. Von den Nazis konfisziert, landeten sie gemeinsam mit Raubkunst aus ganz Europa zu Kriegsende im Salzbergwerk Altaussee.
Die „Monuments Men“ im echten Leben
Dass die Bilder schließlich restituiert wurden, ist den echten „Monuments Men“ zu verdanken, deren Geschichte im gleichnamigen US-Film verewigt wurde. Die Spezialtruppe zur Rettung von Kunstgütern im Zweiten Weltkrieg konnte die geraubten Objekte 1945 im Salzkammergut bergen. Dort lag der Reichsfreiherr unter anderem in guter Nachbarschaft zum berühmten Genter Altar von Jan van Eyck. So viel Abenteuer also steckt in diesen zwei Bildern. Ein bisschen meint man, das im gedämpften Dämmerlicht des Museums zu spüren.