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Wladimir Kaminer bei den Möchen in Heiligenkreuz

Von der Stille in die Klassik

Auf seiner Suche nach der österreichischen Identität via Musik ist Wladimir Kaminer nicht nur beim Pop oder dem Volkslied fündig geworden. Historisch hat ihn seine Reise weit zurück geführt. Bis zu den Zisterziensermöchen von Heiligenkreuz. Und den Wiener Sängerknaben, die mit Kaminer just ein russsiches Volkslied einstudieren wollten. Ergeben hat sich aus dieser Etappe eine Reise aus der Stille heraus in den klassischen Klang.

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Eine Reise durch die österreichische Musik ist eine Reise durch die Geschichte der Musik. Und Österreich hat Orte, um von den Frühformen der Musik ebenso zu erzählen wie von der klassischen Tradition. Im niederösterreichischen Heiligenkreuz, unweit von Wien, leben Mönche, die über ihren Gesang fürs Paradies mittlerweile weltberühmt sind. Seit dem Jahr 1133 wird in dem Zisterzienserkloster der einzigartige „Gregorianische Choral”gesungen. „Chant - music for paradise“ ist nach Falco und DJ Ötzi das mittlerweile dritterfolgreichste Album des Landes. „Was auf der CD zu hören ist, ist nichts anderes. Das ist echt, das ist Leben, das sind echte Menschen, das ist authentisch und das ist, was die Menschen heute suchen“, erklärt Pater Paul.

Wladimir Kaminer bei den Mönchen in Heiligenkreuz

Sieben Mal beten die Mönche pro Tag - und der Gesang steht dabei ebenso im Zentrum dieser Rituale. „Wenn man Choral singen will, muss man das natürlich lernen. Wir im Kloster haben auch Übungsstunden, vor allem wenn man ein junger Mönch ist, lernt man in solchen Übungsstunden auch den gregorianischen Choral zu singen“, erklärt einer der Patres. Pater Raphael ist der Gesangslehrer im Kloster. „Beim Choral ist die Beachtung des ganzen Klangbogens wichtig, und das macht dann auch diesen speziellen Reiz aus“, erklärt er.

Video: Zisterziensermönche

TV-Hinweis:
In der Doku-Reihe „Kaminer inside“ fragt Wladimir Kaminer für 3sat, wie Österreich, Schweiz und Deutschland klingen. Jede Woche präsentiert ORF III, freitags in „Kultur heute“, die Interviews aus der Doku von  Constanze Griessler und Franziska Mayr-Keber mit Kaminer und heimischen Stars aus allen Genres der Musik.

Das erste Wort der Ordensregel sei: “Höre mein Sohn, obsculta o fili.” Bei den Mönchen ist jedenfalls die Stille das Fundament der Musik. Die Stille, so beschreiben es die Mönche, erlaube, darauf zu hören, „was Gott von uns haben will“. „Hören“, so schließt Kaminer, „ist wichtiger als immer zu versuchen, etwas zu sagen.“ Diese Botschaft nehme er aus Heiligenkreuz mit.

Das Aushängeschild für heimische Klassik

Das Aushängeschild österreichischer Musikproduktion sind seit ihrer Gründung 1498 die Wiener Sängerknaben. Wladimir Kaminer besucht den Knabenchor in Kärnten am Wörthersee. Dort wird in den Sommermonaten nicht nur geprobt, sondern auch Fußball gespielt. Insgesamt vier Chöre stellen die Wiener Sängerknaben mit Kindern aus der ganzen Welt.

Video: Sängerknaben

Neben klassischen Stücken haben sie auch internationale Nummern im Repertoire. Extra für Kaminer haben sie einen Welthit einstudiert, das russische Lied „Dorogoj Dlinnojo“. Global bekannt ist die englische Version „Those were the days“. Dass man fest auf der Basis des traditionellen Liedgutes verankert sein muss, um sich durch die Musikgeschichte bewegen zu können, wird für Kaminer im Gespräch mit dem Kapellmeister Manolo Cagnin, einem gebürtigen Triestiner, deutlich. Cagnin ist seit 2008 Kapellmeister des Brucknerchors, einer der Chöre der Wiener Sängerknaben. „Singt ihr mehr als ihr sprecht?“, ist Kaminer vor den Buben besorgt. Doch der Kapellmeister, der nicht nur am Klavier, sondern auch beim Kicken mit dabei ist, beruhigt: „Alle reden mehr als uns lieb ist.“

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Wladimir Kaminer bei den Wiener Sängerknaben in ihrem Domizil in Kärnten

„Dieses russische Lied hat ganz andere Wirkung, wenn das von den Kindern gesungen wird. Normalerweise singen das alte, weiße Männer. Von so einem Chor, Ihr bringt in jedes Lied eine Frische, etwas Neues, das bekommt so eine optimistische Note. Das klingt dann anders“, bemerkt Kaminer, nachdem man das Lied gemeinsam gesungen hat.

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