Erbe Österreich
Kirchengeschichte in Rot-Weiß-Rot
Nach dem Ersten Weltkrieg, der zum Zerfall der Monarchie führte, kam der Kirche der katholische Kaiser als Schutzherr abhanden.
Das Bündnis von Thron und Altar löste sich notgedrungen auf. Die Kirche stand vor der Herausforderung, sich in einem ungewohnten politischen Umfeld zu behaupten.
Dass sie sich dabei weigerte, kulturpolitische Positionen wie den kirchlichen Einfluss auf Schule und Ehe oder die Bezahlung der Priester durch den Staat aufzugeben, erwies sich als äußerlich hinderlich für eine friedliche Verständigung mit den weltanschaulichen Konkurrenten, allen voran den kirchenkritischen Sozialdemokraten.
Der politische Katholizismus mit dem Priester-Kanzler Ignaz Seipel als Vorsitzendem der Christlichsozialen Partei fand sich bald in schweren innenpolitischen Auseinandersetzungen.
Beleuchtet im Wesentlichen die Zeit zweier Wiener Erzbischöfe. Kardinal Friedrich Gustav Piffl wurde genau wie sein Nachfolger, Kardinal Theodor Innitzer, in Böhmen geboren und gehörte der deutsch-tschechischen Minderheit an. Beide sahen sich vor gewaltigen Herausforderungen.
Piffl wurde 1913 Erzbischof. Bald nach seinem Amtsantritt begann der Erste Weltkrieg, der mit dem Zerfall der Monarchie endete.
Er erlebte die sich vertiefende politische Spaltung des Landes und den Brand des Justizpalastes 1927 als einem ersten Höhepunkt des Konflikts. Die dramatische soziale Lage sah er als Handlungsauftrag für die katholische Kirche.
Theodor Innitzer, der Piffl 1932 nachfolgte, war kaum im Amt, als Bundeskanzler Dollfuß im März 1933 das Parlament ausschaltete. Im Februar 1934 forderte die Niederschlagung des sozialdemokratischen Aufstands gegen das diktatorische Dollfuß-Regime Hunderte Todesopfer.
Die katholische Kirche mit Innitzer an der Spitze begleitete das autoritäre Experiment des austrofaschistischen Ständestaates mit Wohlwollen und versuchte nach dem „Anschluss“ vergeblich, mit Hitler einen Modus Vivendi zu finden.
Auf das Begleitschreiben zu einer von Gauleiter Bürckel den Bischöfen abgenötigten regimefreundlichen Erklärung schrieb Innitzer per Hand „Und Heil Hitler“.
Er erwarb sich damit den Ruf eines Nazi-Bischofs, während ihn die Nationalsozialisten einen „Judenknecht“ nannten: Innitzer rief die „Hilfsstelle für nichtarische Katholiken“ ins Leben, die getaufte Juden in Rechtsfragen, Wohnungs- und Schulangelegenheiten, bei notwendiger ärztlicher Hilfe und, solange dies möglich war, bei den schwierigen Formalitäten für die Ausreise unterstützte.
Indem der Kardinal die Hilfsstelle zudem unter seinen persönlichen Schutz stellte und im Innenhof des Erzbischöflichen Palais einquartierte, nahm er die Konfrontation mit den Nazis in Kauf.
Der Film schildert die Ereignisse vom Zerfall der Monarchie über die Erste Republik, den austrofaschistischen Ständestaat bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten. Am Ende steht ein Ausblick in die Nachkriegszeit.
1952 benannte das „Mariazeller Manifest“ die Lehren aus der Geschichte. Die Grazer Kirchenhistorikerin Michaela Sohn-Kronthaler, ihr Wiener Kollege Rupert Klieber und der Wiener Sozialhistoriker Florian Wenninger machen mit ihrem profunden Wissen Ereignisse erlebbar, deren Auswirkungen heute noch spürbar sind.
Gestaltung
Christian Rathner
Redaktion
Helmut Tatzreiter