Eine Tiroler Familiensaga
Kurt Schindler war eine schillernde, aber doch eher „verkrachte Existenz“. Seine Tochter Meriel, die als Juristin in London arbeitet, hatte ihre liebe Not damit, ihn in Schach zu halten. Immer wieder fragte sie sich, was dran ist an den Geschichten, die ihr Vater zum Besten gab: Ist die Familie wirklich verwandt mit Franz Kafka und Oskar Schindler? Oder mit Hitlers jüdischem Arzt, Eduard Bloch? Was ist in der Pogromnacht am 9. November 1938 in Innsbruck passiert, als die Nationalsozialisten Kurts Vater halb zu Tode prügelten und das Haus durchsuchten?
Als Kurt Schindler im Mai 2017 in seinem Cottage in der englischen Grafschaft Hampshire im Alter von 91 Jahren starb, hinterließ er nicht nur einen Haufen Schulden, sondern auch jede Menge Dokumente. Seine Tochter Meriel beschließt sich durch die Berge an Akten und Fotos zu wühlen und begibt sich damit auf eine atemberaubende Entdeckungsreise, die sie nach Innsbruck führt.
Hier hatte ihr Großvater 1922 mitten in der Stadt das Cafe Schindler eröffnet, ein angesagtes Lokal, das so etwas wie der Hotspot für die Innsbrucker Hautevolee war. Als 1938 die Nazis kamen, musste der erst 13-jährige Kurt nach England fliehen, war sein Vater Hugo doch in der Reichspogrom-Nacht von NS-Schlägern auf brutale Weise überfallen worden. Akribisch recherchierte Meriel Schindler die faszinierende wie berührende Geschichte ihrer eigenen Familie, eine Geschichte, die auch die der Juden in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie erzählt. Unter dem Titel „Cafe Schindler“ landet Meriel 2022 einen Bestseller.
Jetzt kommt diese Chronik von Enteignung und Vertreibung, vom Holocaust in Tirol auf die Bühne des Innsbrucker Landestheaters. Wie präsent ist der Umgang mit dem jüdischen Erbe in Tirol und wie sichtbar ist es heute in Innsbruck? In Kooperation mit Einrichtungen der Stadt hat ein intensiver Rechercheprozess die Dramatisierung des Romans begleitet.
Dokumentarisches Material, Originaltöne von zahlreichen Zeitzeug:innen und musikalische Referenzen flankieren die theatrale Umsetzung. Meriel Schindler wird zur Uraufführung erwartet und sie kann ihrem Vater endlich die langersehnte Ruhestätte geben, wird er doch Anfang April auf dem jüdischen Friedhof in Innsbruck bestattet.
TV-Beitrag: Teresa Andreae